17.-18.09.2019 LIard Hot Springs

Der Alaska Highway führte weiter bis Watson Lake, wo wir entsorgten und Frischwasser tankten. Dann schauten wir noch mal nach unserem „Osterode“-Schild am Sign Post und ich fragte im Visitor Center nach den Aussichten für Nordlichtersichtungen. Da war ich wahrscheinlich nicht die Einzige, auf dem Tresen klebte schon ein Zettel mit den Voraussagen für die nächsten 3 Tage. Die besten Chancen waren für morgen Nacht angegeben, eingestuft mit 5 auf einer Skala bis 9, die Damen meinten, das wären schon sehr gute Aussichten, aber es muss natürlich klarer Himmel sein. Na, da hofften wir mal das Beste.
Danach fuhren wir den Alaska Highway weiter, eigentlich müssten wir hier abbiegen, um wie geplant den Cassier Highway nach Süden zu nehmen. Aber die heißen Quellen und der Campingplatz bei den Liard Hot Springs waren so schön, dass ich da unbedingt noch mal hin wollte. Was sind bei unseren inzwischen 22.000 gefahrenen Kilometern schon 200 km Umweg? Der Highway ist inzwischen sehr leer, man sieht nur noch wenige Wohnmobile, dafür aber umso mehr Tiere. Auf den 200 Kilometern sahen wir in Abständen vier Schwarzbären am Straßenrand. Links und rechts der Straße sind ca. 10 Meter Rasen abgemäht, bevor der Wald anfängt, so kann man die Tiere schon von Weitem erkennen. Beim ersten Bären hielten wir noch an und filmten, da sich der Bär gerade dekorativ aufrecht am einem Baum kratzte, beim zweiten Bär gab es noch ein schnelles Foto und bei den nächsten fuhren wir einfach vorbei. So schnell gewöhnt man sich an das Besondere. Leider lagen auch drei tote Bären im Straßengraben, was ein schrecklicher Anblick war. Wir dachten, sie wären dem Straßenverkehr zum Opfer gefallen, aber ein Mitarbeiter auf dem Campingplatz, übrigens ein Deutscher der hier ein ökologisches Jahr verbringt, erzählte von dem LKW-Fahrer, der sah, wie jemand einen Bären am Straßenrand erschoss. Zwischendurch fuhren wir auch wieder durch verschiedene Bisonherden. Eine Herde hatte gerade die Straße überquert und einige Tiere standen noch direkt über der Leitplanke. Wahrscheinlich kratzen sie sich so am Bauch. Ein witziger Anblick.
Der Campingplatz war gut gefüllt, aber nicht so voll wie noch vor 4 Wochen. Inzwischen war es schon spät und wir kochten uns noch schnell ein Abendessen und machten uns danach auf den Weg zu den heißen Quellen. Inzwischen wird es schon relativ früh dunkel und so gingen wir mit Taschenlampen und Bärenspray bewaffnet über den Holzplankenweg durch die Sümpfe in Richtung der Quellen. Es war ganz schön kalt und das Wasser links und rechts dampfte im Dunkeln. Da die Quellen bis 23:00 Uhr geöffnet sind, erwarteten wir Scheinwerfer und Licht in den Umkleiden, aber es war total dunkel und nirgendwo brannte eine Lampe. Wir dachten schon, wir wären ganz allein, aber weit gefehlt. Im Dunkeln saßen im Wasser einige Menschen und genossen die Wärme. Also taten wir es ihnen gleich, zogen uns aus und stolperten im Dunkeln die Treppen hinunter. Nach einiger Zeit gewöhnten wir uns an die Schwärze und erfreuten uns am Sternenhimmel über uns. Es war wieder sehr angenehm im warmen Wasser zu liegen, besonders da draußen jetzt schon kältere Temperaturen herrschen.
Auf unserem Rückweg kam der helle Mond noch zu den Sternen dazu, die Sumpflandschaft lag mystisch vor uns und wir fühlten uns wohlig entspannt – das sind Momente in denen ich immer rührselig werde und dankbar bin, diese Reise erleben zu dürfen.
Der nächste Tag begann sehr sonnig und wir wollten ihn noch hier verbringen und fragten am Empfang nach einem schönen Wanderweg in der Nähe. Die Rangerin empfahl uns einen nicht markierten Schotterweg der durch den Wald nach oben auf einen Berg führte würde, wo man eine super Aussicht nach allen Seiten hätte. Sie riet uns aber, wie immer, vorsichtig in Bezug auf Bären zu sein. Tom aus Whitehorse hatte uns auch erzählt, dass es hier Probleme mit Bären geben würde. Als wir das Auto abstellten, lag nur ein paar Schritte entfernt ein relativ frischer Kadaver, wahrscheinlich ein kleiner Bär, zu dem ein blutige Schleifspur führte. Das fing ja gut an. Wir parkten das Auto nochmal um, etwas weiter entfernt, um bei Rückkehren nicht eine böse Überraschung mit dem möglichen Besitzer des Kadavers zu erleben. Dann machten wir uns auf dem Weg nach oben. Da dieses kein ausgeschilderter Wanderweg war, gab es niemanden sonst auf der Strecke und so ganz relaxt konnten wir den Weg nicht laufen. Wir unterhalten uns immer sehr laut, klatschen ab und an und schauen vor jeder Kurve, ob dahinter ein Bär sein könnte, um diesen nicht unvermittelt aufzuschrecken.
Wir würden wahrscheinlich viel mehr wandern, wenn wir nicht immer Angst vor Bären haben müssten. Das ist hier immer und überall Thema, meistens sagen die Kanadier am Anfang, man braucht sich nicht zu fürchten, Bären würden den Menschen aus dem Weg gehen, wenn man sich nur lautstark bemerkbar macht. Und dann packen sie doch alle ihre Horrorgeschichten aus. Von dem Bären der die Scheibe einer Blockhütte eingeschlagen hat und die Bewohner ins Auto flüchtetenn oder dem Bären der einen Menschen schwerverletzt, aber lebendig in seine Höhle geschleift hat, um ihn dort als Wintervorrat aufzubewahren. Aber zum Schluss heißt es immer, das wären kranke oder alte Tiere, ein normaler Bär würde das nicht tun. Aber was wenn wir einem „nicht normalen“ Tier begegnen? Es gibt eine 25seitige offizielle Broschüre der Yukonregierung, wie man sich bei Bären verhalten soll. Einer der ersten Sätze lautet: „Bären sind bemerkenswert tolerant gegenüber Menschen“, dann kommen seitenweise Erklärungen zu den unterschiedlichen Verhaltensweisen von Bären und es endet mit den Sätzen: „Sie haben es mit einem Bären zu tun, der sie essen will. Seien Sie so aggressiv wie möglich, konzentrieren Sie sich auf das Gesicht, die Augen und Nase des Bären. Geben Sie nicht auf. Sie kämpfen wahrscheinlich um ihr Leben . . .“ Wirklich wahr! Danach möchte man gar nirgendwo mehr zu Fuß hingehen. Aber wie wollen uns nicht immer abschrecken lassen und wandern trotzdem.
Der Weg war sehr breit und wir wunderten uns schon, in welchem guten Zustand er war, bis wir auf dem Gipfel Sendemasten vorfanden, die wahrscheinlich dadurch gewartet werden müssen. Oben empfing uns eine sehr schöne Aussicht über die umliegenden Berge und den Liard River, aber es zogen schon langsam immer mehr Wolken auf, was unsere Nordlichterhoffnung am Abend schwinden lies. Der Rückweg ständig abwärts war leicht zu bewältigen und wir kamen glücklich wieder auf dem Campingplatz an. Am Abend gab es leckere, selbstgemachte Pizza draußen auf unserem Gasgrill mit Pizzastein. Daneben brannte ein schönes Lagerfeuer. Als es dämmerte gingen wir zu den Quellen, es war inzwischen komplett bewölkt, dadurch aber auch erheblich wärmer als gestern. Das warme Wasser war eine Wohltat für die kaputten Beine und Füße. Auf dem Rückweg, der dieses Mal komplett im Dunkeln lag, erspähten wir mit der Taschenlampe leuchtende Augen in den Sümpfen, die zu einigen Elchen gehörten. Wir wussten schon, dass die Tiere hier gern das mineralhaltige Gras fressen, hatten aber noch nie welche gesehen. Am Auto angekommen entzündeten wir noch mal das Feuer und saßen noch einige Zeit draußen. Es war überhaupt nicht mehr kalt, aber auch keine Chance auf Nordlichter.


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